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WILHELM HAUFF

MITTEILUNGEN AUS DEN MEMOIREN DES SATAN

ERSTER TEIL.

EINLEITUNG.

  Marte, e' rassembra te, qualor dal quinto
  Cielo, di ferro scendi, e d'orror cinto.
               Tasso, befr. Jerusalem, V. 44.

ERSTES KAPITEL

Der Herausgeber macht eine interessante Bekanntschaft.

Wer, wie der Herausgeber und Übersetzer vorliegender merkwürdigerAktenstücke, in den letzten Tagen des Septembers 1822 in Mainz warund in dem schönen Gasthof zu den drei Reichskronen logierte, wirdgewiß diese Tage nicht unter die verlorenen seines Lebens rechnen.

Es vereinigte sich damals alles, um das Gasthofleben, sonst nichtgerade das angenehmste, das man führen kann, angenehm zu machen. FeineWeine, gute Tafel, schöne Zimmer hätte man auch sonst wohl dortgefunden, seltener, gewiß sehr selten so ausgesuchte Gesellschaft. Icherinnere mich nicht, jemals in meinem Leben, weder vor noch nachher,einen meiner damaligen Tisch= und Hausgenossen gesehen zu haben, unddennoch schlang sich in jenen glücklichen Tagen ein so zartes, engesBand der Geselligkeit um uns, wie ich es unter Fremden, deren keinerden andern kannte oder seine nähere Verhältnisse zu wissen wünschte,nie für möglich gehalten hätte.

Der schöne Herbst von 1822 mit seiner erfreulichen Aussicht, dieserHerbst, am Rhein genossen, mag allerdings zu dieser ruhigen Heiterkeitdes Gemüts, zu diesem Hingeben jedes einzelnen für die Gesellschaftbeigetragen haben. Aber nicht mit Unrecht glaube ich diese Erscheinungeinem sonderbaren, mir nachher höchst merkwürdigen Manne zuschreibenzu müssen.

Ich war schon beinahe anderthalb Tage in den drei Reichskronen vorAnker gelegen; hätte mich nicht ein Freund, den ich seit langen Jahrennicht gesehen hatte, auf den fünfundzwanzigsten oder dreißigstenbestellt, ich wäre nicht mehr länger geblieben; denn dieschrecklichste Langeweile peinigte mich. Die Gesellschaft im Hause waranständig, freundlich sogar, aber kalt. Man ließ einander an der Seiteliegen, wenig bekümmert um das Wohl oder das Weh des Nachbars. Wie maneinander die schönen geschmorten Fische, den feinen Braten oder dieSaladière darzubieten habe, wußte jeder, aber das Genie, ich meine,der Geist" wies sich nicht gehörig an der Tafel, noch weniger nachheraus.

Ich sah eines Nachmittags aus meinem Fenster auf den freien Platz vordem Hotel hinab und dachte nach über meine Forderungen an die Menschenüberhaupt und an die Gasthofmenschen (worunter ich nicht Wirt undKellner allein verstand) insbesondere. Da rasselte ein Reisewagen überdas Steinpflaster der engen Seitenstraße und hielt gerade unter meinemFenster.

Der geschmackvolle Bau des Wagens ließ auf eine elegante Herrschaftschließen. Sonderbar war es übrigens, daß weder auf dem Bock, nochhinten im Kabriolett ein Diener saß, was doch eigentlich zu den vierPostpferden, mit welchen der Wagen bespannt war, notwendig gepaßthätte.

Vielleicht ein kranker Herr, den sie aus dem Wagen tragen müssen,"dachte ich und richtete die Lorgnette genau auf die Hand des großenstattlichen Oberkellners, der den Schlag öffnete.

Zimmer vakant?" rief eine tiefe, wohltönende Männerstimme.

So viele Euer Gnaden befehlen," war die Antwort des Giganten.

Eine große, schlanke Gestalt schlüpfte schnell aus dem Wagen und tratin die Halle.

...

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