This Etext is in German.

This etext was prepared by Mike Pullen,globaltraveler5565@yahoo.com and proofread by Dr. Mary Cicora,mcicora@yahoo.com.

Schnock
Ein niederländisches Gemälde

Friedrich Hebbel

Erstes Kapitel

Zur Einleitung

In dem kleinen Marktflecken Y., wo sich jeder Reisende gern so langeaufhält, als er muß, nämlich so lange als die Post ausbleibt, trafich in den Hundstagen des Jahres 1836 zum letztenmal ein. Der Ortist einer von denen, wo man nur auf dem Leichenacker erfährt, daßMenschen darin leben, weil eine Reihe ehrwürdiger Grabsteine, die mannicht Lügen zu strafen wagt, versichern, daß Menschen darin sterben.Diesmal kannte ich ihn nicht wieder, und ich würde geglaubt haben,der Postillon sei fehlgefahren, wenn sich nicht der mir unvergeßlichePostmeister, eine lange, dürre, windschiefe Figur, die sich scheu undverlegen in jede Ecke drückt, als ob sie schon durch ihre bloßeExistenz zu beleidigen fürchte, aus der Tür geschoben, und so meineZweifel verscheucht hätte. Alle Straßen nämlich, durch die ich kam,waren gedrängt voll von Leuten; kein Fenster, aus dem nicht mehrKöpfe hätten herausschauen wollen, als Platz fanden; auf demKirchturm selbst konnt' ich deutlich Hauben und flatternde Schalsunterscheiden, und jedes Gesicht, von der alten, halberblindetenBettelfrau an, die sich mühsam mit der rechten Hand auf ihren Stabstützte und mit der linken die Brille aufsetzte, bis zu dem kleinenweiß gekleideten Mädchen mit seinen blonden Locken herunter, trug denAusdruck der gespanntesten Erwartung. "Was gibt's denn," fragte ichden Postmeister, "ist's Jahrmarkt heut?"—"Den 16. hujus gewesen."—"Feiert der Amtmann oder der Stadtpfarrer dasDienstjubiläum?"—"Herr Pastor primarius Nothnagel hat's schongefeiert und ist an den Folgen des Schmauses gestorben, und unserHerr Amtmann darf in den nächsten vierzig Jahren an die Ehre nochnicht denken, dazu ist er, mit Erlaubnis zu sagen, noch viel zu jung."—"Gibt's denn Aufstand? Rebellieren die Bürger? Empört sich, wasHosen trägt?"—"Bewahre uns Gott vor Rebellion! Dazu haben wir auchgar keine Zeit, man muß sich tummeln, ums liebe Brot zu verdienen unddie hohen Steuern zu erschwingen. Nein, die Sache, es kurz zuvermelden, ist die. Ein höchst gefährlicher Verbrecher, einBösewicht, der einen greulichen Diebstahl begangen hat und einerMordtat fähig gehalten wird, wurde gestern zur Haft gebracht undheute, als ihm der Gefangenenwärter das Frühstück in den altenverfallenen Turm bringen wollte, vermißt. Da hat denn der Amtmanndie gesamte Bürgerschaft aufgeboten, um ihn wieder einzufangen, undwie man vernimmt, so ist's, wunderbar genug! geglückt. Nun ist mannatürlich begierig—" Der Postmeister unterbrach sich; denn erbemerkte, daß ich schon längst nicht mehr auf ihn hörte, weil ichsonst über die Explikation das Schauspiel versäumt hätte. Ein Zug,abenteuerlicher, als ich ihn je gesehen, kam die Straße herauf.Zuerst, in grellroten Röcken mit messingnen Knöpfen, an der Seitemächtige Säbel, die das Gehen erschwerten und den Mut gewiß nichtvermehrten, zwei ehrenfeste Männer, voll edlen Selbstgefühls, indenen sich ehemalige Unteroffiziere der Reichsarmee, die vielleichtmanche Schlacht mit hatten verlieren helfen, und jetzigeGerichts—und Polizeidiener nicht verkennen ließen. Dann, von zweilahmen Pferden gezogen, ein Leiterwagen, auf dem der Held des Tages,der Triumphator, saß, dreifach gebunden, als ob er ein Herkules wäreund noch etwas mehr. Hinterher die ganze waffenfähige Mannschaft desFleckens, mit Mistgabeln, Äxten und Beilen, Stricken, genug mit allenmöglichen Dingen, die der Leser nicht erwartet, armi

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