Nachdruck der Originalausgabe von 1907
nach einem Exemplar aus Privatbesitz.
Zieht euch zurück, ihr eifernden Zensoren,
Schließt, Frömmler, Moralisten, Narren eure Ohren!
Nicht sollt ihr eifernden Megären mit uns rechten,
Hinweg mit euch, ihr Stolzen, Selbstgerechten,
Denn dieser Blätter süße Heimlichkeit
Ist nie und nimmer euch geweiht.
Weicht von mir, ihr einfältigen Vorurteile! Ihr seid nur etwas fürfurchtsame Seelen. Eugenie fordert, ihrer Einsamkeit überdrüssig, von ihrerLaura diesen kleinen Liebesdienst. Nichts kann mich zurückhalten, ihn ihrzu leisten, ja, meine liebste Eugenie, diese kostbaren Augenblicke, die ichin Deinen Armen erfahren durfte, diese Leidenschaft der Sinne, die jede vonuns dazu getrieben hat, in den Armen der anderen ihr Vergnügen zu suchen,diese Gemälde unserer Jugend, aus denen wir den Rauschtrunk unserer Wollustkeltern wollten, ich werde sie, um Dich zufrieden zu stellen, alle vor Dirausbreiten. Du solltest alles erfahren, was ich seit den Tagen meinerzartesten Kindheit gedacht und erfahren habe. Alles, was ich je empfundenhabe, wird vor Deinen Augen wieder lebendig werden. Ich werde vor Dir dieselebhaften Gefühle wiedererstehen lassen, die kostbare Bewegtheit, diesereizvolle Trunkenheit. Und jedes Wort, das ich Dir sage, wird aus denQuellen der Wahrhaftigkeit und Natürlichkeit gespeist werden. Ich werdemeine Hand alle jene Ornamente meines Lebens nachzeichnen lassen, dieDeiner entflammten Begierde würdig sind. Ich fürchte nicht, daß es mir anKraft dazu mangeln wird. Denn Du selbst inspirierst und begeisterst michja. Du bist mir Venus und Apoll in einem.
Doch hüte Dich wohl, mein Herz, daß dieses Geständnis meines Lebens jeDeinen Händen entgleite! Bedenke, Du befindest Dich in einem Heiligtum desAberwitzes und der Torheit. Diese Nonnen sind alle zu fürchten, jene, dieguten Glaubens sind, wie jene, die unter einem Schleier vonScheinheiligkeit die exquisitesten und raffiniertesten Lüste verbergen. DieFrauen lieben ganz allgemein den Schatten des Geheimnisvollen. Doch gebensie nur zu oft Furcht und Anstand ihrem Vergnügen preis. Dieses Werk darfniemals das Tageslicht sehen. Es ist nicht für die Augen des Pöbelsgemacht, der die Aufrichtigkeit einer Frau nicht begreifen kann und denseine nichtswürdige Leichtgläubigkeit vor der nackten Natur zurückschreckenläßt.
Du glaubst nicht, meine teure Eugenie, wie uns die Männer — sogar diefreizügigsten unter ihnen — um die Freiheit unserer Einbildungskraftbeneiden. Sie wollen uns nur jene Freuden zubilligen, die ihnen selbstdienen. Wir sind in ihren Augen nichts als Sklavinnen, die es nicht wagendürfen, die Hand der mächtigen Herren zu halten, die uns unterdrücken.Alles gehört ihnen, sie sind die Tyrannen, deren Vergnügen wir dienenmüssen. Sie sind eifersüchtig, wenn wir unsererseits jemanden anschauen.Egoisten sind sie, die immer nur ihr eigenes Selbst im Auge haben. Ambesten sollte niemand außer ihnen existieren.
Nur wenige von ihnen denken daran, uns an den Vergnügungen, die wir ihnenbereiten, teilnehmen zu lassen, ja, sie versuchen sich sogar Vergnügungenzu schaffen, indem sie uns quälen und den schmerzhaftesten Prozedurenunterziehen.
Welche bizarren Spielereien hat ihre Extr