Anmerkungen zur Transkription

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Gustav Freytag

Das Nest
der Zaunkönige

Erzählung aus dem Anfang
des 11. Jahrhunderts

114.–123. Tausend

Signet

S. Hirzel Verlag Leipzig/1917

Zensurstempel

[1]

1.
Im Jahr 1003.

Wo die Geisa das Wasser ihrer Quellen in die Fuldagießt, lag zwischen Wiesen und fruchtbaren Feldern dasKloster Herolfsfeld. Hohe Fürsten des Himmels warenseine Beschützer, denn die Klosterkirche umschloß die Reliquienzweier Apostel; doch den größten Eifer für das Gedeihendes Klosters hatten zwei Gefährten des heiligenBonifacius bewiesen: Erzbischof Lullus, der die erstenMönche auf das leere Feld führte, und der HeidenbekehrerWigbert, dessen Gebeine erst viele Jahre nach seinem Todeim Kloster niedergesetzt wurden, der aber seitdem durchzahllose Wunder den Ruhm der Stätte erhöhte. Als dasstärkste von seinen Wundern rühmten die Leute, daß in dereinsamen Landschaft ein mächtiges Menschenwerk entstandenwar, Türme und hohe Kirchgiebel, um diese herumeine große Zahl von Gebäuden aus Stein und Lehm, derenwettergraue Holzdächer wie Silber in der Mittagsonneglänzten. Was man Kloster nannte, war in Wahrheit einefeste Stadt geworden, durch Mauern, Pfahlwerk undGraben von der Ebene geschieden. Länger als zweihundertJahre hatten die Mönche gebetet, um den Gläubigen Heilund guten Empfang in jenem Leben zu bereiten, dafürwaren sie selbst reich geworden an irdischem Grundbesitz,[2]den ihnen fromme Christen in der bittern Sorge um dasJenseits gespendet hatten. Die Burgen, Dörfer und Weiler,welche ihnen gehörten, lagen über viele Gaue verteilt,nicht nur im Lande der Hessen, auch unter Sachsen undBayern, vor allem in Thüringen. Ein guter Teil desKirchengutes, das Bonifacius erworben hatte, darunterdie ersten Schenkungen, welche die Waldleute in Thüringenzur Heidenzeit gemacht, gehörte jetzt dem Kloster, und wennder Abt seine Lehnsleute und Hintersassen zu einer Kriegsfahrtaufrief, so zogen sie dem Lager der Sachsenkaiser zuals ein Heer von Reitern und Fußvolk, in ihrer Mitte derAbt als großer Herr des Reiches mit einem Gefolge vonedlen Vasallen. Länger als zweihundert Jahre hatten dieBrüder auch mit Axt und Pflug gegen den wilden Waldund das wilde Kraut gekämpft, hatten unermüdlich dieHalmfrucht gesäet, Obstbäume gepflanzt und Weingärteneingehegt. So waren sie allmählich große Landbauer geworden,nach Tausenden zählten sie ihre Hufen, ihre zinspflichtigenHöfe und die Familien der unfreien Arbeiter.Jetzt saßen sie in der Fülle guter Dinge als eine Genossenschaftvon hundert und fünfzig Brüdern zwischen gefülltenScheuern und springenden Herden, sahen vergnügt über diereiche Habe und ordneten selbst als umsichtige Landwirtedas Tagewerk der zahlreichen Gehilfen, deren Häuserim Zaun ihres Herrenhofes standen oder seitwärts an derFulda zu einem großen Dorfe vereinigt waren. Doch nichtallein über Landarbeit, sondern üb

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