Neue gesammelte Erzählungen
von
Friedrich Gerstäcker.
Zweiter Band.
Leipzig,
Arnoldische Buchhandlung.
1869.
In der Nähe der Westküste Amerikas, aber nochweit aus Sicht von Land, kreuzte ein Wallfischfänger,um dort nach Fischen auszusehen.
Es war ein Nordamerikaner, die Martha's-vine-yard– ein Schiff, das nach der Insel gleiches Namensgetauft worden, und von dort aus auch seine Bemannunghatte. So seetüchtig und gut gebaut die amerikanischenSchiffe aber auch sonst gewöhnlich sind, dieMartha's-vine-yard machte davon eine Ausnahme,und der Rheder, der sie in New-York von einem Holländeralt gekauft und wohl frisch angemalt, aber sonstin einem desolaten Zustand gelassen hatte, hoffte daswenige dafür ausgelegte Geld gleich mit der erstenWallfischfahrt herauszuschlagen, wenn es dann auchkeine zweite machte. Die Hauptsache blieb nur, tüchtigeLeute dafür zu gewinnen, und deßhalb taufte er auch das alte »Gretje van Rotterdam«, welchen Namendie Bark vielleicht schon dreißig Jahre geführt, nachder Insel Martha's-vine-yard, die ihrer Seeleutewegen berühmt ist, und erreichte dadurch seinen Zweckvollkommen.
Die Zeiten waren in Amerika nicht besonders.Der Krieg hatte gerade begonnen, und er fand Leutegenug für die Bemannung, die denn auch mit demalten Kasten getrost in See gingen und erst draußen,als es zu spät war, merkten, welchem Fahrzeug sie sicheigentlich anvertraut, um darauf eine mehrjährigeReise zu machen. Wallfischfänger müssen sich nämlichstets darauf gefaßt machen, drei Jahre auszubleiben,ehe sie ihr Schiff füllen können, und das ist eigentlicheine lange Zeit, wenn man noch dazu bedenkt, daß derartigeSchiffe nur sehr selten einen Hafen anlaufenund meist immer draußen auf offener See herumkreuzen,um nach Fischen auszuschauen.
Anfangs wurde die Mannschaft auch noch eigentlichnicht so recht inne, wie es mit ihrem Fahrzeugstand, denn mit günstigem Wind liefen sie an der OstküsteAmerika's immer nach Süden hinab, und so vordem Wind segelte es leidlich. Schwer enttäuscht sahensie sich aber, als nach einer kurzen Windstille einekonträre Brise eintrat. Der Kapitän wollte allerdings laviren, aber du lieber Gott, das alte Schiff brauchtesieben Strich, um gegen den Wind aufzukreuzen, undmachte dabei noch anderthalb Strich Abdrift, so daßsie nicht allein nicht von der Stelle kamen, sondernsogar noch zurückgetrieben wurden. Den Harpunierenwar das auch gar nicht recht, sie wären am liebstenwieder umgekehrt, um ihren Kontrakt aufzukündigen,der Kapitän wollte jedoch Nichts davon wissen, undredete ihnen so lange zu, bis sie sich endlich zufriedengaben.
Was lag auch daran