Produced by Michael Pullen and Mary Cicora

Agnes Bernauer

Ein deutsches Trauerspiel in fünf Aufzügen

Friedrich Hebbel

Personen:

Ernst, regierender Herzog zu München-Bayern

Albrecht, sein Sohn

Hans von Preising, sein Kanzler

Marschall von Pappenheim,
Ignaz von Seyboltstorf,
Wolfram von Pienzenau und
Otto von Bern, Ritter auf der Seite des Herzogs Ernst

Graf Törring,
Nothhafft von Wernberg und
Rolf von Frauenhoven, Ritter auf der Seite des Herzogs Albrecht

Hans von Läubelfing, ein Ritter von Ingolstadt

Emeran Nusperger zu Kalmperg, Richter zu Straubing

Caspar Bernauer, Bader und Chirurgus zu Augsburg

Agnes, seine Tochter

Theobald, sein Geselle

Knippeldollinger, sein Gevatter

Hermann Nördlinger, Bürgermeister zu Augsburg

Barbara und
Martha, Bürgermädchen

Stachus, ein Diener

Der Kastellan auf Vohburg und Straubing

Ein Herold des Reichs

Ein Legat der Kirche

Volk, Ritter und Reisige in großen Massen

Die Handlung ereignet sich zwischen 1420 und 1430.

Erster Akt
Zweiter Akt
Dritter Akt
Vierter Akt
Fünfter Akt

Erster Akt

Augsburg.

Erste Szene

Baderstube.

Theobald (allein, einen Blumenstrauß in der Hand). Ich weiß nicht,was ich tun soll. (Er hält den Blumenstrauß empor.) Zertret ichdich? Um die schönen Rosen wär's schade, die sind unschuldig! Oderüberreich ich dich? Nein, gewiß nicht, und das hätt' ich ihm gleichgesagt, dem Herrn Ungetreu, der zu glauben scheint, daß ich keineAugen habe, und kein Herz, und kein Blut, wenn—ja, das war's ja!Ich wollte sie prüfen! Da kommt sie! Mit dem Morgensüppchen desVaters! Oh, wie das schmecken muß! Wenn die für mich einmal kochte,ich—(Verbirgt den Strauß.)

Zweite Szene

Agnes (tritt ein mit einer Suppe). Guten Morgen, Theobald!

Theobald. Danke schön, Jungfer, danke schön! Wohl geschlafen?

Agnes. So sollt' ich Euch fragen! Ihr werdet oft herausgeklopft,wenn sie gerauft haben, und ein Pflaster brauchen.

Theobald. Das bemerkt Ihr? (Für sich.) Ich geb ihr den Strauß undbestelle alles! Wenn sie dann ein Gesicht macht und pfui sagt undmich anfährt: dazu gibst du dich her-

Agnes. Was verbergt Ihr denn hinter dem Rücken?

Theobald (zeigt den Strauß). Ja so, das hätt' ich bald vergessen!

Agnes. Ah, der ist schön! Gebt ihn mal her! (Sie riecht.) Wenn wirdoch auch einen Garten hätten! Wessen Namensfest ist denn heute?(Sie will ihn zurückgeben.)

Theobald. Behüte, er gehört Euch!

Agnes. Mir? Oh, da dank ich! Aber da geht's mit Eurem alten Ohmwohl bald zu Ende?

Theobald. Mit meinem Ohm?

Agnes. Nun ja, weil er seine Blumen zu verschenken anfängt, daspflegt ein Gärtner nicht zu tun, und gekauft habt Ihr sie doch gewißnicht?

Theobald. Er ist nicht von mir!

Agnes. Nicht von Euch? Von wem

...

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