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Übertragen von Th. Commichau
Im Insel-Verlag zu Leipzig
Der letzte Tag im Juli; auf tausend Werst im Umkreiserings Rußland – der heimatliche Boden.Der ganze Himmel strahlt in einfarbigem Blau; drobenein einzelnes Wölkchen – halb schwimmend, halb zerfließend.Windesstille, brütende Hitze ... die Luft –würzig wie frischgemolkene Milch!
Die Lerchen trillern; die Turteltauben gurren; lautlosgleiten die Schwalben umher; die Pferde schnauben undkauen; die Hunde bellen nicht, stehen da und wedelnfriedfertig mit dem Schwanze.
Und nach Rauch riecht es, und nach Gras – und auchnach Teer ein wenig – und ein wenig nach Leder. – DerHanf auf den Feldern ist schon hoch aufgeschossen undströmt seinen schweren, aber süßen Duft aus.
Eine tiefe, jedoch sanft absteigende Schlucht öffnet sich.An beiden Abhängen mehrere Reihen dickbuschiger, zerborstenerWeiden. In der Tiefe der Schlucht rieselt einBach; kleine Kiesel auf seinem Grunde blinken wie zitternddurch seine klaren Wellen hindurch. – In der Ferne, amSaume zwischen Erde und Himmel – schimmert der bläulicheStreif eines großen Stromes.
Dem Zuge der Schlucht folgend – hier auf dieser Seitesaubere kleine Speicher und Scheunen mit dichtverschlossenenTüren; dort auf jener fünf bis sechs aus Fichtenstämmengezimmerte Häuschen mit gehobelten Bretterdächern.Auf jedem Dache an hoher Stange ein Starkasten;über jeder Haustür ein aus Blech geschnittenes kleinesRößlein mit flatternder Mähne. Die Fensterscheiben, uneben[6]und blasig, schillern in Regenbogenfarben. Krügemit Blumensträußen sind auf die Fensterläden gemalt.Vor jedem Häuschen steht säuberlich eine derbe Bank;auf kleinen angeschütteten Erdhaufen liegen Katzen, zueinem Knäuel zusammengerollt, und spitzen die durchsichtigenfeinen Ohren; hinter der hohen Türschwelle winkteinladend der kühle, dunkle Hausflur.
Ich liege hart am Rande der Schlucht auf einer ausgebreitetenPferdedecke; ringsumher lauter Haufen frischgemähten,betäubend duftigen Heues. Die fleißigen Hauswirtehaben es vor ihren Hütten auseinandergestreut: dortmag es noch eine Weile an der Sonne durchtrocknen;dann aber in die Scheuern damit! Wie prächtig wirdsichs darauf schlafen lassen!
Kraushaarige Kinderköpfchen lugen aus jedem Haufenhervor; großschopfige Hühner scharren im Heu nachFliegen und Käferchen; ein junger Hund mit noch hellfarbigerSchnauze wälzt sich in einem Gewirr von Halmenherum.
Blondlockige Burschen in sauberen Gürtelhemden undschwerfälligen, umsäumten Stiefeln hänseln sich mitScherzworten, die Brust gegen einen unbespanntenWagen gestemmt – und zeigen lachend ihre weißenZähne.
Aus dem Fenster schaut ein junges Weib mit vollem,rundem Antlitz; sie lacht, halb über die Scherze der Burschen,halb über die in den Heuhaufen sich balgendenKinder.
Ein anderes junges Weib zieht mit kräftigen Armen einengroßen nassen Eimer aus dem Brunnen herauf ... DerEimer wippt und schaukelt am Sei